Der Sichelspeer der Hōzōinryū (8)

Hozoinryu Takadaha inei Nakamuraha Inshun

Von Kagita Chūbee, 20. Sōke der Hōzōinryū

Die Genealogie des Hōzōinryū Sōjutsus

In der Mai-Folge habe ich ja bereits darüber geschrieben, dass das Hōzōinryū Sōjutsu von Inei begründet worden war und sich zur größten Sōjutsu-Schule Japans entwickelte. Das lag natürlich zum einen daran, dass die vom Gründer Inei entwickelten Techniken der Handhabung des Sichelspeers herausragend waren, zum anderen aber auch daran, dass viele hervorragende Schüler in der Hōzōinryū zusammenkamen und die Techniken Ineis von Generation zu Generation immer weiter systematisierten und entwickelten, bis die Schule schließlich über ganz Japan verbreitet war.

Das zweite Oberhaupt der Schule wurde Zeneibō Inshun. Inshun, der ein Neffe Ineis war, wurde im Jahre Tenshō 17 (1589) geboren. Im Jahre Keichō 7 (1602) trat er im Alter von 14 Jahren in den Hōzōin ein und wurde buddhistischer Mönch. Zu diesem Zeitpunkt war Inei bereits über 80 Jahre alt. Deshalb, so will es die Überlieferung, wurde Inshun von einem alten Mönch des dem Hōzōin benachbarten Klosters Okuzōin, der ein direkter Schüler Ineis war, im Sōjutsu unterwiesen. Inshun ordnete die bis dahin nicht systematisierten Unterrichtsmethoden der Schule und schrieb sie als den verbindlichen Stil fest. Unter Inshun versammelten sich herausragende Schüler, die sich gegenseitig zu einer immer weiteren Verbesserung ihrer Technik anstachelten. Darunter wurden Nakagawa Hannyū, Shibata Kaemon, Takada Matabee, Hasegawa Kuranosuke, Isono Shume und Tanaka Kanbee als die sechs Tengus1 bezeichnet.

Das dritte Oberhaupt der Schule war Kakushunbō Insei, das vierte Kakuzanbō Inpū, Jōshikibō Inken das fünfte und das sechste Kakujōbō Inkai. Aus dem so in Nara fortgeführten Hōzōinryū Sōjutsu wurden von Mitgliedern der Schule zahlreiche eigene Stilrichtungen begründet und weiterentwickelt:

Die Nakamuraha
Nakamura Ichiemon Naomasa (1577 - 1652) galt als bester Schüler des Stilbegründers Inei, dessen Schüler er im Alter von 14 Jahren wurde. Im Jahre Keichō 10 (1605) erhielt er im Alter von 29 Jahren das Zeugnis seiner Meisterschaft in der Kunst. Später diente Naomasa in den Fürstentümern Echizen2 und Fukui, wo sein Stil über Generationen überliefert wurde.

Die Takadaha
Takada Matabee Yoshitsugu (1589 - 1671) war der Begründer des Hōzōinryū Takadaha Sōjutsus, das wir heute üben. Er wurde als erster Sohn des Landsamurais Takada Kiemon geboren, der das Dorf Shirakashi im Bezirk Ahai in der Provinz Iga verwaltete. Mit 14 Jahren wurde er im Jahre Keichō 8 (1603) Schüler Nakamura Ichiemon Naomasas, von dem er im Jahre Keichō 20 (1615) das Rokujūsankajō-no-mokuroku3 erhielt. Als im 10. Monat des Jahres Kanei 14 (1637) der Shimabara-Aufstand ausbrach, begab er sich auf Einladung Ogasawara Tadazanes4 nach Kokura5. Im zweiten Monat des folgenden Jahres nahm er als Anführer einer Speertruppe beim Angriff auf die Burg Hara deren Hauptturm ein. Für diesen Erfolg wurde er mit einem Stipendium in Höhe von 700 Koku6 belohnt. Am 11. Tag des vierten Monats des Jahres Keian 4 (1651) besuchte er zusammen mit seinem ältesten Sohn Itsuki und seinem Schüler Wakōji Shichibee den krank daniederliegenden Shōgun Iemitsu7, um ihn mit einer Demonstration seines Könnens zu zerstreuen. Der Shōgun soll damals gesagt haben: "Wenn Ihr vorführt, Matabee, erschüttert Eure Stimme den Palast wie Donnergrollen. Alle Anwesenden sind ergriffen von Eurer erlesenen Behändigkeit. Und ich, Iemitsu, vergesse, dass ich krank bin." Neun Tage später, am 20. Tag des vierten Monats8 verschied der Shōgun Iemitsu. Matabee hatte vier Söhne. Sein dritter Sohn, Yoshimichi, und sein vierter Sohn, Yoshimasa, blieben in Kokura. Yoshimichi trat die Nachfolge seines Vaters an und benannte sich in Matabee um. Am 23. Tag des ersten Monats des Jahres Kanbun 11 (1671) starb Yoshitsugu Sōhaku9 im Alter von 82 Jahren. Er wurde im Tempel Hōkōji in Kokura beigesetzt. Unter Yoshitsugu10 scharten sich brillante Schüler wie u.a. Kuze Yamato no Kami Hiroyuki11, Mori Heizō Kiyomasatsuna, Kawabe Yaemon Moritsura und Fuwa Keiga, deren Wirken die Grundlage dafür schuf, dass sich die Hōzōinryū mit Edo begonnen weit über alle Fürstentümer Japans verbreitete.

Neben diesen beiden Ablegern der Schule und der Mutterschule verbreiteten sich landesweit noch Zweigstile wie die Isonoha oder die Oroshiha oder lokal die Anekawaryū, die Uedaryū, die Aizuhan Takadaha, die Chiiryū, die Inshinryū, die Owariha, die Inōha, die Shinodaha oder die Yoshidaha.

(Zuerst erschienen im Nara-Stadtmagazin Ubusuna am 05.08.2009)

Anmerkungen:
1. Tengu sind mythologische Fabelwesen, halb Mensch. halb Vogel, denen größte Expertise in den Kampfkünsten nachgesagt wird.
2. Heute der Norden der Präfektur Fukui.
3. Wörtlich: Liste der überlieferten 63 (Techniken), gemeint ist sein "Meisterbrief".
4. 1596 - 1667, damals Fürst von Kokura.
5. Heute Teil der Stadt Kitakyūshū in der Präfektur Fukuoka auf Kyūshū.
6. 1 Koku = 180,39 Liter Reis war als die Menge trockener Reiskörner festgelegt, die ein Erwachsener im Jahr verzehrt. Der Geldwert entsprach etwa 1 Ryō = ca. 37,5 g Gold.
7. 1623 - 1651; der dritte Tokugawa-Shōgun.
8. Juni nach westlicher Zeitrechnung; wie immer sind hier alle historischen Daten nach dem Mondkalender.
9. Sōhaku ist wahrscheinlich Takada Matabee Yoshitsugus buddhistischer Name.
10. Dem Vater.
11. 1609 - 1679; erster Fürst von Sekiyado.

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