Von Kagita Chūbee, 20. Sōke der Hōzōinryū
Yagyū und Hōzōin
Das Gebiet Yagyū1 lag 36 km von Kyōto und über 10 km von Nara entfernt. Es war eine Region, die im Osten an die Provinz Iga grenzte und in der es daher einfach war, an Informationen über die mächtigen Clans im ganzen Land zu kommen2. Außerdem war die Gegend Dank ihres Wasserreichtums sehr fruchtbar. Zudem gehörte Yagyū zusammen mit Nara und Iga zu einem Gebiet, das zahlreiche Kampfkünstler hervorbrachte, unter anderem den ganzen Yagyū-Clan mit dem Schwert, Hōzōin Inei und Takada Matabee mit dem Speer, Bōan3 mit Naginata und Speer, Heki Danjō Masatsugu4 mit Pfeil und Bogen oder die Angehörigen der Ninja-Schule Igaryū.
Im Laufe der Taika-Reformen (646) wurde die Provinz Yamato in sechs Verwaltungsbezirke eingeteilt. Einer davon war Yagyū. Seither wurde dieser Bezirk als Lehen des Fujiwara-Clans geführt, bis der Kanpaku5 Fujiwara no Yorimichi6 dieses Lehen dem Kasuga-Schrein, der der Familien-Schrein der Fujiwaras war, stiftete. Unter den einflussreichen Clans, die dieses Schrein-Territorium verwalteten, tat sich besonders das Haus Yagyū hervor, das auch die Zeiten der Kriegswirren überlebte. Im zweiten Jahr der Ära Kyōroku (1529) wurde Yagyū Muneyoshi als Sohn des Ieyoshi in Yagyū geboren. Weil er in Kriegszeiten aufwuchs, übte sich Muneyoshi fleißig in den Kampfkünsten und entwickelte sich zu einem Jugendlichen, den man als den besten Kämpfer im ganzen Kinai-Gebiet7 ansah.
Kamiizumi Ise no Kami Nobutsunas Vorfahren andererseits waren seit Generationen Herren der Burg Ōgo im Bezirk Seta in der Provinz Kōzuke gewesen8. Nachdem sie von Hōjō Ujiyasu9 angegriffen worden waren, schlossen sich die Kamiizumis10 Uesugi Kenshin11 an. Doch dann griff Takeda Shingen12 Uesugi an, und als die Burg Minowa13 fiel, gaben auch die Kamiizumis ihre Burg auf14, um später der Armee Takedas einverleibt zu werden. Nobutsuna jedoch lehnte es ab, dem Hause Takeda zu dienen, weil er sich dem Studium seiner Shinkageryū, die er aus der Kageryū Aisu Ikōsais15 und der Shintōryū konstruiert hatte, und dem Buddhismus widmen wollte, mochte Shingen das angesichts Nobutsunas großem Talent noch so bedauerlich finden, und begab sich mit einigen seiner Schüler auf eine Wanderschaft durch ganz Japan.
Zuerst besuchte er Kitabatake Tomonori16, den Verwalter der Provinz Ise. Tomonori war ein Schwertmeister, der von Tsukahara Bokuden Takamoto17 in die geheimen Schwerttechniken der Shintōryū eingeweiht worden war. Bei dieser Gelegenheit erzählte Tomonori Nobutsuna, dass Yagyū Shinzaemon Muneyoshi jemand sei, mit dessen Können in der Kunst des Schwertfechtens keiner in ganz Zentraljapan aufnehmen könne, und dass es im Kōfukuji in Nara mit Hōzōin Inei einen ganz außerordentlich talentierten Speerfechter gebe. Unverzüglich besuchte daraufhin Nobutsuna mit seinem Gefolge im sechsten Jahr der Ära Eiroku (1563) den Hōzōin. Nobutsuna war damals 56, Muneyoshi 35 und Inei 43 Jahre alt, und jeder von ihnen in einem Alter, in dem seine technische Reife am höchsten war. Man geht davon aus, dass sich Inei und Muneyoshi über die Kampfkunst angefreundet hatten. Deshalb ist es nur natürlich, dass Inei Muneyoshi bei dieser Gelegenheit in den Hōzōin einlud. Im Dōjō desselben unterlag Muneyoshi in drei Duellen an drei aufeinander folgenden Tagen nobutsuna vollständig, woraufhin er zusammen mit Inei dessen Schüler wurde. Von da an übte sich Muneyoshi noch härter und konnte Nobutsuna, als dieser im April des Jahres Eiroku 818 erneut Yagyū besuchte, die Technik "Mutōdori"19, die er von ihm als Aufgabe gestellt bekommen hatte, so präsentieren, dass Nobutsuna Muneyoshi zu seinem legitimen Nachfolger als Oberhaupt der Shinkageryū erklärte. Im August desselben Jahres erhielt auch Inei seinen Meisterbrief. Durch hartes Training hatte sich Muneyoshi die Shinkageryū Kamiizumis vollständig angeeignet. Darauf aufbauend investierte er noch viele Jahre, um schließlich die Yagyū-Shinkageryū zu begründen. Inei auf der anderen Seite errichtete auf dem Fundament der Prinzipien Nobutsunas das Sōjutsu der Hōzōinryū.
Im Jahre Bunroku 2 (1593) nahm Muneyoshi die Tonsur und den Mönchsnamen Tajimanyūdō Sekishūsai Sōgon an. Im Jahre Bunroku 3 (1594) begegnte er Tokugawa Ieyasu20. Ieyasu war damals 53, Muneyoshi 66 Jahre alt. Ieyasu war von der herausragenden Qualität der Kampfkunst Muneyoshis so beeindruckt, dass er ihn unbedingt in seinen Dienst nehmen wollte. Dieser Verpflichtung fühlte sich Muneyoshi aber wegen seines hohen Alters nicht gewachsen, und so empfahl er an seiner Stelle seinen fünftgeborenen Sohn Mataemon (damals 24, später unter dem Namen Tajima no Kami Munenori bekannt) für das Amt. Er selbst starb am 19. Tag des vierten Monats des Jahres Keichō 11 (1606) in Yagyū.
(Zuerst erschienen im Nara-Stadtmagazin Ubusuna am 05.06.2009)