Der Sichelspeer der Hōzōinryū (5)

Hozoinryu yagyu shinkageryu hozoin inei

Von Kagita Chūbee, 20. Sōke der Hōzōinryū

Hōzōin Kakuzenbō Hōin Inei

Inei, der Begründer des Hōzōinryū Sōjutsus wurde im ersten Jahr der Ära Daiei (1521) als zweiter Sohn des Nakamikado Tajima Inei geboren, der ein Mönchskrieger des Kōfukujis1 war. Die Nakamikados waren Nachkommen des Prinzen Toneri2, der der vierte Sohn des Kaisers Tenmu3 gewesen war, und trugen ursprünglich den Familiennamen Sakaguchi. Ihr Ahne Sakaguchi Musashi Nobutane war ein sehr kräftiger und kühner Mann gewesen. Er liebte die Kampfkünste und wurde von aller Welt als der wilde Musashi gefürchtet. Im ersten Jahr der Ära Genkō (1331) erwarb er sich während des Genkō-Kriegs4 auf Seiten des Kaisers Go-Daigo5 in der Schlacht um die Burg Kasagi hervorragende Verdienste, für die er vom Kaiser mit einem Schwert und dem Familiennamen Nakamikado belohnt wurde.

Später lebte Tanesada, die sechste Generation Nakamikado, in der Burg Kaseyama in Kizu. Er vermählte sich mit einer Frau aus dem Hause Mitsuda Saemonjō Hideyukis, der Herr der Burg auf dem Berg Shōyama im Bezirk Okada in Jōshu6 war. So wurden enge Bande zur Familie Mitsuda geknüpft, die später eine wichtige Rolle in der Nachfolge der Hōzōinryū spielen sollte. Aus dieser Verbindung ging die siebte Generation, Tanenaga, hervor. Tanenaga besaß ein Anwesen im Kusakojichō in Nara. Sein zweites Kind, Inei, gab er in den Tempel Hōzōin, dessen Oberhaupt er wurde.

Hōzōin Kakuzenbō Hōin Inei

Oben:
Inei war ein Mönch in Nara, der den Umgang mit Schwert und Speer liebte. Die erste Kunst erlernte er von Kamiizumi Ise no Kami, bis er ein Meister in ihr war. Dann begegnete er der Speer-Kunst des Daizendayū Moritada. Inei wurde sein Schüler und übte Tag und Nacht, bis er diese Kunst schließlich beherrschte. Später kam er nach gründlicher Überlegung zu dem Schluss, dass er gar nicht wollte, dass die Mönche seines Tempels die Kriegskünste erlernen. Um zu verhindern, dass nach seinem Tod wieder jemand Freude am Kriegshandwerk fände, nur weil es im Tempel Waffen gab, übergab er alle Waffen, die sich im Tempel befanden, einem gewissen Nakamura. Inei starb in der Ära Keichō im Alter von 87 Jahren.

Unten:
Hōzōin Kakuzenbō Hōin Inei

Stechend ist's ein Speer
Schlagend ein Feuerwehrhaken
Ziehend eine Sichel
Wie auch immer
Man kann ihm nicht entkommen
(Eine Abwandlung des bekannten Gedichts)

(Aus dem Bugei Hyakunin Isshu (etwa: 100 Gedichte von/über 100 Kampfkünstlern); Mitte 19. Jh.)

Man kann davon ausgehen, dass Inei durch beständiges Üben von klein auf geschickt im Umgang mit den traditionellen Stangenwaffen der Mönchskrieger wie Naginata oder Nagamaki war. Da erschien Narita Daizendayū Moritada, ein Kampfkünstler, der auf Trainingswanderschaft war. Er wurde auch ōnishi Kishunken genannt, war ein Mönch in Diensten des Kasuga-Schreins und ein Meister der Shintōryū. Die Shintōryū war7 eine komplexe Kampfkunstschule, deren Curriculum u.a. Schwert, Naginata und Speer umfasste. Doch Moritada hatte sich auf die Naginata und den Speer spezialisiert. Dies öffnete Inei die Augen, ließ ihn die Besonderheiten des Jūmonjiyaris erkennen und seine eigenen Stil gründen. Die Überlieferung sagt, dass Inei mit 33 Jahren im Morgengrauen des 12. Tages des ersten Monats des 22. Jahres der Ära Tenbun (1553) von Narita Daizendayū Moritada, der als Inkarnation Marishitens8 verstanden wurde, in zwei innere Techniken eingeweiht wurde.

Im sechsten Jahr der Ära Eiroku (1563) dann kam dann Kamiizumi Ise no Kami Nobutsuna, der Gründer der Shinkageryū, nach Nara, und Inei wurde zusammen mit seinem engen Freund Yagyū Muneyoshi dessen Schüler. Als Nobutsuna im achten Jahr der Ära Eiroku Yagyū erneut besuchte, wollten sie ihn nicht wieder gehen lassen. Sie ließen sich von ihm unterrichten, bis Muneyoshi schließlich die uneingeschränkte Lehrlizens erhielt und es Inei erlaubt wurde die Techniken bis zur neunten Stufe zu unterrichten.

Meiner Ansicht nach baut das Sōjutsu der Hōzōinryū auf den Prinzipien der Shintōryū und der Shinkageryū auf. So nahm die Erfolgsgeschichte des Sōjutsus der Hōzōinryū ihren Lauf, doch dann zog im 13. Jahr der Ära Tenshō (1585) Hashiba Hidenaga9 in der Burg Kōriyama ein und befahl den Tempeln und Shintō-Schreinen in der ganzen Provinz Yamato sowie dem einfachen Volk und dem Zweigtempel des Hieizan10 auf dem Berg Tō-no-Mine11 die Herausgabe aller Waffen. Damit wurde Druck auf die Tempel ausgeübt, was dazu führte, dass man sich dort des Trainings in den Kriegskünsten enthielt.

Im ersten Jahr der Ära Keichō (1596) wurde dem 75jährigen Inei der Titel Hōin12 verliehen. Zu dieser Zeit trat Konparu Dayū Yasuteru13 mit der Bitte an ihn heran, seinen Sohn Shichirō Ujikatsu zu unterweisen. Da dieser innige Wunsch aus dem Hause der Nō-Schauspieler Konparu kam, das selbst auf Tokugawa Ieyasu Einfluss hatte14, griff Inei mit 75 Jahren wieder zum altbewährten Speer und ließ das Sōjutsu-Training wiederaufleben. Von da an nahm die Zahl seiner Schüler so zu, dass es hieß, "die Zahl derer, die diese Kunst erlernen, füllt eine Truppe, ja eine ganze Armee".

Die Gräber der HōzōinryūAm 19. Tag des vierten Monats des 11. Jahres der Ära Keichō (1606) schied Yagyū Sekishūsai15 aus der Welt. Am 26. Tag des achten Monats des folgenden Jahres (1607) verstarb Inei im Alter von 87 Jahren. Damit verlor Nara kurz aufeinander zwei große Persönlichkeiten, die stellvertretend für das Schwert und den Speer in Japan standen. Die Gräber Ineis und seiner Nachfolger befinden sich auf dem Friedhof des Tempels Byakugōji in Nara, wo wir ihnen auch heute noch den gebührenden Respekt zollen.

(Zuerst erschienen im Nara-Stadtmagazin Ubusuna am 05.05.2009)

Anmerkungen:
1. Siehe auch Folge 4.
2. 676 - 735
3. 631 - 686
4. Dieser Aufstand des Kaisers Go-Daigo gegen das Kamakura-Shōgunat fand von 1331 bis 1333 statt und endete mit dem Sieg der kaiserlichen Seite.
5. 1288 - 1339
6. Anderer Name der historischen Provinz Yamashiro; entspricht dem südlichen Teil der heutigen Präfektur Kyōto.
7. Und ist.
8. Marici; ursprünglich indischer Kriegsgott.
9. Später Toyotomi Hidenaga; Fürst und Feldherr; 1541 - 1591; jüngerer Halbbruder Toyotomi Hideyoshis.
10. Der Name des Bergs steht synonym für den zur Tendai-Sekte gehörenden Tempel Enryakuji.
11. Im Süden der Stadt Sakurai in der Präfektur Nara, damals die Provinz Yamato.
12. Höchster buddhistischer Priesterrang.
13. 62. Oberhaupt des von Konparu Zenchiku begründeten Stils des Nō-Theaters.
14. Der zu dieser Zeit allerdings noch nicht Shōgun war. Konparu Yasuteru hatte jedoch auch Einfluss bei Toyotomi Hideyoshi, dessen Schauspiellehrer er war.
15. Yagyū Muneyoshis "Künstlername".

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